Pusekätzchen wecken Kindheitserinnerungen

Die Sal-Weide gibt vielen Tieren Schutz und Nahrung – den Insekten schon sehr früh im Jahr

 

Pusekätzchen! Schoss es mir durch den Kopf, als ich letztens auf meinem Dülmener Wildpferd durch die Natur am Rande der Davert ritt. Tatsächlich, sie lassen sich schon früh im Jahr blicken, die silbrig-grauen Weidenkätzchen, die mich schon als Kleinkind begeistert haben. Damals durfte ich sie streicheln und stellte fest: Sie sind so weich wie ein Katzenfell. Eine bleibende

Naturerfahrung.

 

Gibt es das Wort „Pusekätzchen“ wirklich? Ein Blick ins Internet verrät: Das Wort wird tatsächlich auch von anderen Menschen verwendet. Doch diese westfälische Mundart scheint etwas aus der Mode gekommen zu sein?

 

Die Weidenkätzchen kommen hoffentlich nicht aus der Mode. Denn sie sind sehr wichtig für die Artenvielfalt. Meine silbrig-pelzigen Freunde, die sich zunächst unter einer Knospenschuppe verbergen, sind die männlichen Blüten der häufigen Sal-Weide (Salix caprea). Sie ist für die Schmetterlingsfauna, als Raupenfutterpflanze, sehr bedeutend und wächst gern an hellen Standorten. Imker und Insekten freuen sich gleichermaßen über sie, bietet sie doch sehr früh im Jahr eine wichtige Nahrungsquelle. Auch früh fliegende Schmetterlinge laben sich an ihrem Nektar.

 

Heute weiß ich, dass nicht jede Weide gleich ist. Die männlichen Blüten erscheinen nur an der männlichen Pflanze, die weiblichen an der weiblichen Pflanze. Das gilt nicht nur für die Sal-Weide, die man an ihren meist rund-eliptischen Blättern erkennt, sondern auch für die Vertreter ihrer großen Verwandtschaft.

 

Das sind z.B. die Silberweide ( Salix alba), die an Gewässern ihre Heimat hat, die Korbweide ( Salix viminalis), die früher wichtiger Lieferant von Weidenruten war und eine gewaltige Wuchsform hat, sowie dekorative Zierformen, wie die Trauerweide oder die Korkenzieherweide, die in Gärten und Parks zu finden sind.

 

Die Bezeichnung Kopfweide jedoch bezieht sich nicht auf eine eigene Art, sondern auf die Wuchsform. Hier wird der Baum durch den Menschen in 1-2 Metern Höhe jährlich eingekürzt und bewahrt nur durch regelmäßige Pflege, auch schneiteln genannt, seine Statik. Kopfweiden bilden mit zunehmendem Alter natürliche Höhlen und Spalten, in denen zahlreiche Tiere, darunter Steinkäuze und Fledermäuse, einen Unterschlupf finden.

 

Daher ist es sehr zu begrüßen, dass es im Kreis Coesfeld noch einige Bestände gibt. Es bleibt zu hoffen, dass sie weiterhin gepflegt und damit erhalten bleiben. Als natürliche Landschaftselemente beeindrucken sie uns mit ihrem manchmal schaurig-schönen Anblick, besonders wenn sie in einer Reihe stehend im Nebel fast verschwinden. Diesen Anblick verwendeten zahlreiche Dichter stimmungsvoll in ihren Werken.

 

Wer meine Faszination für Pusekätzchen teilt, sollte sie nicht der Natur entnehmen und in die Vase stellen. Sie sind geschützt, denn die Nahrungsquelle muss den Insekten erhalten bleiben. Dem Weidenfreund sei geraten, sich eine eigene Weide in den Garten oder eine Zwergform in einen Kübel für den Balkon zu pflanzen.

Ineke Webermann

Foto: NABU/Helge May