Gärten als Naturareale

Zwei Beispiele - Great Dixter und Hortus Insectorus


Great Dixter, Fotos: Winfried Rusch

Einer der ganz großen Gärten in England – und das Wort groß bezieht sich nicht allein auf seine qm – ist Great Dixter. Ich habe diesen Garten viele Male gesehen und bin jedes Mal wieder von seiner Vielfalt beeindruckt. Es finden sich aufs genaueste geschnittene Eibenhecken und Topiary neben überbordenden Beeten, wundervolle, Orchideen übersäte Wiesen neben vielfältigsten Topfgärten, es blüht immer und überall und man hat schon beim Besuchen den Eindruck, dass es sich um einen sehr reichen und vielfältigen Lebensraum handelt. (www.greatdixter.co.uk)

 

Nun haben Wissenschaftler sich daran gemacht, diesen beeindruckenden Ort genauer auf seinen ökologischen Wert hin zu untersuchen. Sie kamen zu einem unglaublichen Ergebnis. Man fand mehr als 2300 Arten im Laufe eines Jahres. Der ökologische Leiter hat höchst überrascht festgestellt, dass er niemals einen artenreicheren Lebensraum untersucht hat und seine Meinung zum Thema Gärten und deren ökologischem Wert damit völlig geändert.

 

Was macht nun aber einen Garten zu einem solch artenreichen Lebensraum?

 

Zuerst einmal sollte sichergestellt werden, dass auf den Einsatz aller Chemikalien sowie auf Kunstdünger verzichtet wird. Pflanzen, die sich in einem Garten, an einem bestimmten Standort nicht etablieren wollen, sollte man durch andere ersetzen, denen der Standort besser gefällt.

 

Das Bemerkenswerteste ist, dass eine der beiden artenreichsten Flächen im Garten Great Dixter die Zierbeete sind. Die absolut üppige und vielfältige Bepflanzung - und bei weitem nicht nur mit lokalen Wild-Pflanzen - scheint der Garant zu sein für eine breit aufgestellte Artenvielfalt von Insekten und anderen Tieren, die nachziehen. Ein anderer Aspekt liegt in der Vielfalt der unterschiedlichen Gartenbereiche. Ein jeder noch so kleiner Garten kann absolut vielfältig gestaltet sein und so vielen, unterschiedlichen Lebewesen Nahrung und Unterkunft bieten. Dazu zählen, Sandhaufen, Totholzhaufen, offene Pflasterungen, schattige wie sonnige Bereiche, auch einmal eine Stelle mit erlaubtem Wildwuchs muss erlaubt sein. Wildblumen sollten aus der Umgebung in die Beete einwandern dürfen und so die ökologische Vielfalt ergänzen. Besonders wichtig sind Doldenblüter, wie Wiesenkerbel, wilde Möhre und Engelwurz aber auch diverse Allium haben sich als besonders günstige Nahrungspflanzen für Insekten erwiesen. Golfrasen sind out und man sollte sich über eine jede Blühpflanze, die das öde Grün unterbricht, freuen. Zusätzlich eingebrachte Frühblüher wie Schneeglöckchen, Krokusse und Narzissen, sowie Wildtulpen werten einen jeden Rasen ökologisch zusätzlich auf.  

Fotos: Markus Gastl

 Zu diesen Erkenntnissen passt es gut, dass sich in Deutschland seit einiger Zeit eine Naturgartengemeinschaft formiert. Einer der bekanntesten und meiner Meinung nach auch erfahrensten Naturgärtner ist Markus Gastl, der nicht nur einen der vielfältigsten Gärten (Hortus insectorum) angelegt hat, in denen es summt und brummt, sondern auch versucht seine Prinzipien theoretisch festzuhalten und weiterzugeben.

 

Er hat vor einigen Jahren die Hortusbewegung ins Leben gerufen, die bereits eine recht große

Menge an Nachahmern gefunden hat. Er geht davon aus, dass Gärten über hunderte von Jahren nachhaltig und kreativ in einem Kreislaufprinzip angelegt wurden. Das bedeutet, es kommt nichts hinein in den Garten (außer Pflanzen) und nichts verlässt ihn als Abfall. Ein solcher Garten überzeugt durch eine riesige Artenvielfalt, durch große Schönheit und durch ergiebigen Nutzen obendrein.

 

Nach seinem Konzept sollte der Garten aus drei Zonen bestehen, der Pufferzone, der Hotspot-Zone und der Ertragszone:

 

1. Die Pufferzone ist eine artenreiche Hecke (nach Möglichkeit aus Vogelgehölzen bestehend), die den gesamten Garten vor Wind und ggf. schädlichen Einflüssen von außen abgrenzt.

 

2. Die Hotspot-Zone, Bereiche im Garten, die zu mager sind, um als fruchtbarer Boden zu Erntezwecken benutzt zu werden. Diese Bereiche wurden beweidet, was wiederum zu weiterem Nährstoffentzug und zu größerer Artenvielfalt führte.

 

3. Die Ertragszone ist der fruchtbare Boden, der zum Anbau von Nahrung diente.

 

Nach diesem Prinzip legen Gastl und inzwischen auch viele folower ihre Gärten an, die unter Hinzufügung von sog. Naturmodulen, wie Käferkellern, Benjeshecken, Sand- und Steinhaufen .... zu äußerst artenreichen Gebieten werden, die er Hortus nennt.

 

Sein Hortus-Netzwerk möchte ich jedem, der sich über naturnahe Gärten und deren optimale Gestaltung informieren möchte, sehr ans Herz legen. Hier findet man Informationen und bekommt auch – einmal angemeldet – zu jeder Frage genügend Antworten, die jedermann schnell umsetzen kann, um seinen Garten, wenn nicht gleich in einen Hortus zu verwandeln, aber in jedem Fall naturnaher und damit artenreicher zu gestalten.

www.hortus-netzwerk.de)

Cristine Bendix, 16.10.2020